Als Wirtschaftsprofessor muss man der Bündner Regierung dankbar sein. Denn sie liefert ein glasklares und geradezu lehrbuchmässiges Beispiel eines Verstosses gegen das 1. Gebot der Ökonomie an die Politik: Du sollst nicht Subventionen ausrichten.
Der reinrassige Sündenfall spielt in Domat/Ems und führt – hoffentlich nicht nur den Studierenden – vor Augen was geschieht, wenn der Staat in den Markt eingreift und mittels Subventionen Arbeitsplätze schaffen will.
Die Absicht schien plausibel und wirkte vielleicht gar harmlos. Im Jahre 2005 wollte die Bündner Regierung zwei fliegen mit einer Klappe schlagen. Durch Steuergeschenke, Investitionsbeihilfen in Höhe von gegen 17 Millionen Franken und einer 20 Millionen schweren Verkehrsanbindung lockten die Bündner einen österreichischen Holzkonzern nach Domat/Ems, wo in einem neuen Sägewerk etwa 100 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden und zudem die Nutzung der heimischen Holzbestände angekurbelt wurde.
Heute steht das Werk vor dem Aus und soll mit 40 Millionen Franken an Steuergeldern gerettet werden. Davon betreffen 10 Millionen die Abschreibung des Kredits und ca. 30 Millionen sind zusätzliche Investitionen. Die Schweizer Holzbranche beklagt sich zu recht über eine abermalige Wettbewerbsverzerrung und will gegen die Bündner Klage einreichen; vgl. Tagi und SG Tagblatt.
Wie konnte es so weit kommen?
Zum Fiasko haben mehrere Elemente beigetragen. Wegen der staatlichen Unterstützung wurde das Sägewerk viel zu gross geplant. Es konnte seine Kapazitäten in den vergangenen Jahren höchstens zur Hälfte ausnutzen. Aufgrund der langfristigen Verträge der Bündner Waldbesitzer, wozu viele Gemeinden zählen, und der teilweise attraktiveren Preise im Ausland, wurde ein guter Teil der Bündner Holzproduktion nicht in Domat/Ems verarbeitet. Der Zukauf von Holz in der restlichen Schweiz und im Ausland (z.B. in Frankreich) verteuerte die Produktion am neu geschaffenen Standort.
Der US-Baumarkt stellte ursprünglich den hauptsächlichen Absatzmarkt dar, brach aber bekanntlich zusammen. Unter dem Strich blieb das Sägewerk trotz staatlicher Unterstützung ein Verlustgeschäft.
Nun droht die Besitzerin mit Abwanderung des Sägewerks nach Weissrussland, wenn nicht 30 Millionen Franken zusätzlich fliessen.
Lehren
Die Lehren aus diesem Fall sind eindeutig. Erstens führen Subventionen zu Mitnahmeeffekten, etwa indem zu viel investiert wird. Sie führen zu verzerrten betriebswirtschaftlichen Entscheiden, die sich als langfristig nicht nachhaltig erweisen.
Zweitens entstehen Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten anderer Marktteilnehmer. Die kleineren Sägereien kamen in der ganzen Schweiz unter massiven Druck. Die Verzerrung der Marktpreise und der Verlust von Arbeitsplätzen in anderen Kantonen, verursacht durch die Subventionierung von Arbeitsplätzen in Graubünden, stellt einen ordnungspolitischen Sündenfall erster Güte dar.
Drittens kommt es zu einem Rattenschwanz des Staatseingriffs. Weil die betrieblichen Entscheide durch den Markteingriff verzerrt werden, muss der Staat früher oder später wiederum eingreifen. Künstlich geschaffene Arbeitsplätze können dem Wind des Wettbewerbs typischerweise nicht widerstehen. Sobald der Staat seine schützende und stützende Hand wieder weg nehmen will, sind die erst gerade geschaffenen Arbeitsplätze bereits wieder in Gefahr. Weitere Subventionen werden fällig, wie man an diesem Beispiel sehr schön sieht.
Fazit
In der Summe ergibt sich die alte Erkenntnis, dass nachhaltige und rentable Arbeitsplätze nur durch die Wirtschaft und nicht durch den Staat geschaffen werden können. So steht es in jedem guten Lehrbuch.
Leider fällt es Politikern schwer, dem süssen Gift des Arbeitsplatzarguments zu widerstehen. Der populistische Glanz des Schaffens neuer Jobs hat eine unwiderstehliche Kraft. Und dies selbst dann, wenn für jede Stelle zuerst ein paar 100′000 Franken ausgegeben werden müssen.