Was vermisst ein Holländer in der Schweiz NICHT? — die freie Arztwahl.
Was vermisst ein Holländer in der Schweiz SEHR? — die freie Schulwahl.
Was man vermisst oder woran man hängt, ist reine Gewöhnungssache. Holländer sind es gewohnt, immer zunächst zum Hausarzt zu gehen. Schweizer wollen Ihren Arzt ständig neue wählen können. Das holländische Modell würde für sie eine Einschränkung bedeuten; vgl. Blogbeitrag.
Bei der Schulwahl ist es gerade umgekehrt… Holländer können zwischen 400 verschiedenen Schulprogrammen für ihre Kinder auswählen. In der Schweiz hingegen schreibt der Staat vor, in welche Schule ein Kind zu gehen hat, welche Lernziele es erreichen muss und welche Inhalte vermittelt werden. — Das ist zwar Dirigismus pur, doch wir sind eben daran gewöhnt.
Immerhin regt sich allmählich etwas Widerstand. Die freie Schulwahl ist diskussionswürdig geworden. Insbesondere die Elternlobby Schweiz macht sich dafür stark, das staatliche Bildungsmonopol zu brechen und Bildungsvielfalt zu ermöglichen. Denn eigentlich ist es ein natürliches Recht der Eltern, über die Bildung ihrer Kinder bestimmen zu können.
Wechselt ein Kind heute bei uns die Schule, ist dies meist auf eine Negativwahl zurückzuführen. Eltern und/oder Kind kommen mit den Lehrern nicht zurecht und bewirken einen Schulwechsel. In Ländern mit Wettbewerb beruht die Wahl hingegen auf einem Positiventscheid zugunsten einer Schule mit besonders guten Lehrern oder präferiertem Lehrplan.
Schulen im Wettbewerb haben nämlich einen Anreiz, gute Lehrer anzustellen und zu behalten, kreative Lehr- und Lernangebote zu gestalten und gleichzeitig effizient zu arbeiten. — Als Rahmenbedingung braucht es aber (i) eine allgemeine Schulpflicht, (ii) zentrale Prüfungen zur Qualitätssicherung und (iii) eine sozialverträgliche Finanzierung durch Bildungsgutscheine.
Diese Gutscheine erhalten alle Eltern für jedes Kind. Sie können sowohl an öffentlichen, wie an privaten Schulen eingelöst werden. Weil die Finanzierung einer Schule von der Anzahl Schüler abhängt, entsteht ein Qualitätswettbewerb. Weitere Details zu den “educational vouchers” finden sich auf den Folien meines Vortrags (OECD, Madrid, 2007).
Gut möglich, dass auch der bestehende Lehrermangel verschwinden würde, wenn die im Wettbewerb stehenden Schulen bessere Löhne bezahlen könnten und die Lehrer mehr Möglichkeiten zur Gestaltung alternativer Programme hätten. Das würde den Lehrerberuf zweifellos wieder attraktiver machen.