Hohe Boni sind ein Ärgernis. Vor allem bei Firmen, die staatlich gestützt werden oder Verluste machen. Rechtfertigt dies aber weitere Staatseingriffe wie die Bonussteuer?
Bereits im April hatte ich darauf hingewiesen, dass eine solche Steuer zu massgeblichen Fehlanreizen führen kann und dass die immer noch hohen Boni im Finanzsektor eine indirekte Folge der leider notwendigen, aber systemwidrigen Rettungsaktionen in diesem Sektor sind. — Inzwischen war die Politik kreativ und hat sich ein sich ganzes Arsenal an Möglichkeiten zur Besteuerung von Boni ausgedacht, vgl. die Übersicht in der NZZ.
Aus ökonomischer Warte ist Besonnenheit angezeigt. Variable Lohnbestandteile dienen grundsätzlich dazu, die Interessen der Mitarbeitenden mit jenen des Unternehmens vermehrt in Einklang zu bringen. Zum einen sollen Mitarbeiter für ihren individuell zurechenbaren Effort, zum anderen aber auch für ihren Beitrag zum Gesamterfolg des Unternehmens belohnt werden. Ersters kann dazu führen, dass einzelne Mitarbeiter aufgrund persönlicher Leistung selbst dann einen Bonus erhalten, wenn die Firma insgesamt einen Verlust macht. Gewisse Boni — etwa in Form langfristiger Aktienoptionen — sollen zudem den Fokus des Managements weg von der kurzfristigen Gewinn- und Kursoptimierung auf die langfristige Perspektive lenken.
Werden Boni zusätzlich besteuert oder wird deren steuerliche Abzugsmöglichkeit seitens der Firmen begrenzt, wird dadurch ein an sich sinnvolles Instrument in seinen Einsatzmöglichkeiten limitiert. Es findet eine Verschiebung von variablen zu fixen Lohnbestandteilen statt. Das muss im Einzelfall nicht unbedingt schlecht sein.
Denn es ist zu beachten, dass die Unterscheidung zwischen fixen und variablen Lohnbestandteilen letztlich immer etwas arbiträr ist und die Mitarbeiter regelmässig ein vertraglich gesichertes und gerichtlich geschütztes Recht auf Bonus bei entsprechender individueller Leistung haben.
Allerdings ist der persönliche Beitrag zum Unternehmenserfolg umso schwieriger zuordenbar, je grösser die Firma und je höher die Managementposition des Mitarbeiters ist. Der individuelle Anteil eines CEO der UBS am Jahresergebnis ist völlig unbekannt. Deshalb lässt sich aus ökonomischer Sicht aufgrund der hohen Verantwortung, nötigen Kompetzenen etc. zwar ein hoher Fixlohn rechtfertigen. Der Bonus-Anteil am Jahresgewinn muss aber nicht höher als jener eines Fillialleiters liegen. So genannte “Lohnexzesse” — um die es der Öffentlichkeit wohl geht — lassen sich durch eine Bonussteuer jedenfalls nicht vermeiden.
Der populistische Fokus der Medien und der Politik auf die Boni ist vor diesem Hintergrund ökonomisch fehlgeleitet. Die im Raum stehenden Vorschläge (vgl. NZZ) sind auch insofern mangelhaft, als sie absolute Frankenbeträge als Obergrenze für die Abzugsfähigkeit festlegen, sich nur auf den Finanzsektor oder auf Grosskonzerne richten oder nur börsenkotierte Firmen erfassen sollen. All diese Regelungen bzw. Fokussierungen sind letztlich willkürlich und widersprechen dem Grundsatz der Unternehmensbesteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Zudem setzen sie starke Anreize zugunsten von Umgehungsstrategien. Am deutlichsten ist die entstehende Anreizunverträglichkeit bei einer hohen Einkommensbesteuerung der Bankenlöhne. In Grossbritanien hat dies einzig zu höheren Boni und damit einer Schwächung der Banken geführt; vgl. Blogeintrag vom April.
Je höher die Besteuerung, umso mehr lohnt sich die Investition in kreative Lösungen. Eine einfache Variante könnte etwa darin liegen, den Bonus des einen Jahres in eine Anpassung des Fixlohnes des folgenden Jahres zu verpacken. Es dürfte schwierig sein nachzuweisen, dass es sich um einen versteckten Bonuns handel und ich bin sicher, dass Steuerberater noch sehr viel kleverere Lösungen parat haben.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Politik und Medien mit dem Fokus auf Boni und deren mögliche Besteuerung primär die öffentliche Meinung managen wollen. Eine moderate, aber progressive Einkommenssteuer — wie wir sie etwa mit der direkten Bundessteuer haben — ist meines Erachtens ausreichend.