20.05.2010

SNB vor grossen Herausforderungen

Es ist nicht leicht, ein Notenbanker zu sein. Hiervon hat heute Thomas Jordan, Vizepräsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Zeugnis abgelegt. Nicht dass ich Mitleid hätte. Die Kunst besteht aber darin, die Wirtschaft mit so viel Geld zu versorgen, dass sich der bestehende Aufschwung verstetigt, ohne gleichzeitig durch zu viel Geld der Inflation Vorschub zu leisten. Weil sie mit der Geldmenge über nur ein Instrument verfügt, konzentriert sich die SNB richtigerweise auf ein primäres Ziel, nämlich die Geldwertstabilität. — Jedenfalls im Prinzip.

Dass die SNB in den letzten Monaten Euro im Umfang von etwa 40 Milliarden erworben hat, ist dabei eine fast historische Ausnahme, zumindest wenn man die letzten 20 Jahre betrachtet. Eine klare Schwächung des Schweizer Fankens ist ihr damit allerdings nicht gelungen. Dafür sitzt sie jetzt auf hohen Euro-Devisenreserven und macht damit Buchverluste in Milliardenhöhe.

Schon seit Herbst 2008 hatte die SNB — wie auch die meisten anderen Notenbanken — die Wirtschaft in grossem Umfang mit zusätzlicher Liquidität versorgt. Der zeitweise Stillstand der Kreditvergabe innerhalb des Bankensystems, das geschwundene Vertrauen der Banken unter einander sowie der Anleger, aber auch die Ausweitung von einer Immobilien-, zu einer Banken- , zu einer Finanz- und schliesslich zu einer realen Wirtschaftskrise hatten diese Liquiditätsspritze nötig gemacht. Damit ist unsere Notenbank für einige Zeit von der Geldwertstabilität als alleinigem Ziel abgewichen.

Die grosse Herausforderung besteht nun darin, diese zusätzliche Liquidität wieder abzubauen, ohne die langsam aufkeimende Wirtschaftserholung zu dämpfen und gleichzeitig eine künftige Inflation zu verhindern. Der Grat zwischen Deflation und Rezession bei anhaltender Euroschwäche einerseits und einem drohenden Inflationsszenario andererseits ist sehr eng und wird durch verschiedene Unwägbarkeiten überlagert.

Die ausführliche Analyse und ein PDF mit Daten findet man hier.

Kommentare

Inzwischen wurde bekannt, dass die SNB im zweiten Quartal 2010 mit ca. 70 Mrd. CHF zugunsten des Euro interveniert hat. Gemäss Bilanz der SNB ist deren Devisenbestand von 94 Mrd. CHF anfangs Jahr auf 239 Mrd. CHF per Ende Mai 2010 gestiegen, was einer Zunahme um sagenhafte 145 Mrd. CHF in nur 5 Monaten enspricht.

Im jüngsten Interview mit dem Schweizer Fernsehen rechtfertigt Thomas Jordan dies mit der Notwendigkeit zur Abwehr einer Deflationsgefahr. Das Risiko von massiven Abwertungsverlusten auf den hohen Euro-Beständen bezeichnet Jordan als unvermeidliche Kosten der Deflationsbekämpfung, welche die SNB notfalls zugunsten der Schweizer Volkswirtschaft tragen müsse.
Hoffen wir also, dass der Euro wieder an Boden gewinnt und das Rekordtief von dieser Woche überwunden wird. Ansonsten würde die SNB dereinst massive Verluste realisieren und der Bund und die Kantone — welche sich an Gewinnausschüttungen in Milliardenhöhe gewöhnt haben — müssten den Gürtel enger schnallen.

[...] SNB) durch die expansive Geldpolitik eingebrockt haben, hatte ich bereits im Frühling hingewiesen (hier). Inzwischen hat auch der Dachverband der Schweizer Wirtschaft (Economiesuisse) mit einem [...]

[...] Zudem trägt das höhere Angebot an Schweizer Franken langfristig ein Inflationspotential in sich. Aufgrund der schwachen Wirtschaftsentwicklung und der eher rückläufigen Preise bestand bislang keine Inflationsgefahr, doch das wird sich eines Tages ändern. Dann stellt die Abschöpfung der Überschussliquidität eine grosse Herausforderung dar, insbesondere was das Timing betrifft; vgl. ausführlicher hier. [...]

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