Die vermeintliche Rettung Griechenlands ist ein wirtschaftspolitischer Sündenfall. Denn erstens löst das Rettungspaket von EU und IWF die griechischen Probleme nicht und es verzögert (oder verhindert?) die nötige Umschuldung. Und zweitens ist es eine Einladung für andere Sub-Prime-Staaten, sich auf einen Bailout durch die EU zu verlassen, was den Druck auf den Euro noch verstärkt.
Genau dies haben EU und IWF nun aber zusätzlich signalisiert, indem letzte Nacht ein Mammutpaket von 750′000′000′000 EURO bereit gestellt wird. Es ist der verzweifelte Versuch, das Zeitinkonsistenzproblem der EU-Politik zu überwinden. Der hellenische Sündenfall weitet sich zum europäischen Sündenfall. Die Einmaligkeit der Rettung Griechenlands lässt sich eben nicht glaubhaft machen (Details dazu hier). Zwar haben die Börsen zunächst positiv reagiert, doch wird gleichzeitig der Druck von den Schuldenregierungen des “Club Mediterranee” genommen, endlich tiefergreifende Reformen anzugehen, um die Maastricht-Kriterien wieder zu erfüllen.
Unglaubwürdige und mutlose Politiker
Zwar soll der Zugriff auf den neuen Mega-Geldtopf — der vorläufig nur aus Kreditversprechungen besteht und von dem alle hoffen, dass die Versprechen nie eingelöst werden müssen — nur unter Einhaltung strenger Auflagen möglich sein. Doch wie glaubhaft ist diese Drohung angesichts der Erfahrungen mit dem Papiertiger der Maastricht-Kriterien denn noch?
Man hätte sich den ganzen Zauber sparen können, wenn sich die EU-Politiker an ihre eigenen Regeln gehalten hätten. Zu einer Euro-Ausstiegsklausel bei massiver Regelverletzung hatte damals in Maastricht schlicht der Mut gefehlt. Man agierte nach dem Motto: Wenn wir den Fall nicht vorsehen, wird er schon nicht eintreten…
Somit wird klar, dass es sich um ein Politikversagen handelt, nicht um ein Marktversagen aufgrund gieriger Spekulanten, wie manche meinen. Letztere sind sicher auch am Werk, doch hat ihnen die Politik erst die Möglichkeit für ihr Tun geschaffen. Die alte Weisheit gilt eben immer noch: Kapital ist geil wie ein Bock und scheu wie ein Reh.* Daran führt ebenso kein Weg vorbei, wie am Zeitinkonsistenzproblem der Politik.
NewEuro?
Langfristig sehe ich deshab eher ein Szenario, in welchem die sich die Eurozone in Länder mit und ohne Haushaltsdiziplin aufteilt. Weil es institutionell und politisch kaum möglich sein wird, die sü(n)dlichen Länder vom Euro auszuschliessen, könnte es zu einer neuen Eurozone kommen. Für die nördlichen Länder könnte es sich durchaus als vorteilhaft erweisen, einen eigenen neuen Euro — NewEuro, NordEuro, NEuro ? — zu lancieren.
*Philipp Hildebrand, SNB Präsident, hat gestern zum Verhalten der Börsianer einen sehr bedenkenswerten Satz gesagt: “Im Finanzbereich werden die Marktteilnehmer immer bis an die Grenzen gehen, die man ihnen setzt.“