Warum sind Sozialausgaben keine gesellschaftlichen Investitionen, der Bau des Vereina-Tunnels aber schon? Diese Frage stellte heute der Sozialexperte Walter Schmid* im Schweizer Fernsehen. Er habe diese Unterscheidung nie verstanden.
Die Antwort ist einfach: Investitionen sind definiert als Ausgaben, die einen geldwerten Mittelrückfluss erzeugen. Investitionen liquidieren sich durch den Mittelrückfluss selbst. Hiervon zu unterscheiden sind der Konsum und die Umverteilung.
Wenn ich ein Auto kaufe und damit herumfahre, ist dies Konsum. Wenn ich das selbe Auto verwende um Pizza zu liefern, ist das Auto eine Investition. Denn durch die Einnahmen kann diese über die Zeit abbezahlt werden (Selbstliquidation). Deshalb sind etwa Militärausgaben gesellschaftlicher Konsum, auch wenn sie uns von Politikern gerne als Investitionen präsentiert werden.
Sozialhilfe beutet Umverteilung. Den Einen wird via Steuern genommen und den Anderen gegeben. Sofern sie den gesellschaftlichen Präferenzen entspricht, ist gegen “eine Unterstützung um der Würde willen, jenseits der Leistungsfähigkeit” , wie Schmid sie einfordert, nichts einzuwenden. Sozialhilfe beinhaltet verschiedene positive gesellschaftliche Externalitäten, etwa indem sie den sozialen Frieden stärkt und Verteilungskämpfe mindert. Trotzdem ist sie keine Investition, auch wenn uns dies Sozialexperten gerne weismachen wollen.
Mir scheint, dass hier der Begriff der Investitionen bewusst umgedeutet wird, um die politische Akzeptanz für Sozialausgaben zu erhöhen. Diese Strategie hat Tradition. Überall wo Ausgaben verteidigt werden, ist von “Investitionen” die Rede – beim Militär, bei der Landwirtschaft und bei der Kultur. Aus rhetorischen und politischen Gründen werden uns Konsum, Umverteilung und positive Externalitäten im falschen Gewand präsentiert.
*Dr. Walter Schmid ist studierter Jurist, war Sozialmanager und ist heute Rektor der Hochschule Luzern für Soziale Arbeit.