Wenn meine Salatschleuder zum Investitionsobjekt wird
Über die «Sharing Economy» wurde in letzter Zeit viel geschrieben. Manche Autoren und Journalisten berichten von einer neuen Form des Wirtschaftens, von einer Alternative zur Marktwirtschaft, die besonders sozial sei. In ihr soll sogar die Zukunft liegen und wir werden uns grundlegend transformieren. — Kurz gesagt ist das Unsinn. Es handelt sich um sehr alten Wein in digitalen Schläuchen, um einen Kapitalismus der nächsten Stufe.
Sie brauchen ihre Bohrmaschine nur zweimal pro Jahr? Niemand schläft regelmässig auf dem Sofa in Ihrem Wohnzimmer? Das Auto steht meist in der Garage? Dann haben Sie ein grosses Potenzial, um Geld zu verdienen. Über einschlägige Internet-Plattformen lassen sich private Übernachtungen, Taxifahrten und selbst die Bohrmaschinenausleihe problemlos arrangieren.
Das nennt sich «Sharing Economy» und liegt voll im Trend. Konzerne wie Uber oder Airbnb machen Milliarden damit. Ökonomisch gesehen geht es schlicht darum, dass wir durch das Teilen Kosten senken und unsere Konsummöglichkeiten erweitern.
Neu ist das Prinzip natürlich nicht. Schon immer haben sich Menschen Dinge ausgeliehen, gemietet oder getauscht. Der Unterschied ist nur, dass digitale Plattformen den Teilnehmerkreis ins Globale steigern.
Die Teilungswirtschaft ist also kein Alternative zur Marktwirtschaft, sondern deren konsequente Weiterführung im digitalen Zeitalter.
In der Marktwirtschaft 3.0 wird meine Salatschleuder zum Investitionsobjekt. Es ist die komplette Kommerzialisierung des Privatbesitzes. Künftig werde ich mich schlecht fühlen, wenn mein Auto bloss in der Garage steht und nicht für Uber fährt. Oder wenn niemand auf meiner Couch schläft.
Aus privaten Dingen kann ich also zusätzlichen Profit schlagen. Das hat nichts mit sozialem Engagement zu tun, wie manchmal behauptet wird. Das ist Kapitalisums pur. Glücklicherweise hat die Sache ihre Grenzen. Denn wer teilt mit Fremden schon gerne die Zahnbürste?
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Eine gekürzte Fassung dieses Textes ist am 26. Juli 2015 in meiner Kolumne im Sonntagsblick erschienen.