Soll ein Staat möglichst schuldenfrei sein? Sollten wirtschaftlich stabile Länder wie die Schweiz oder Deutschland ihre Schulden zurück zahlen? – Ökonomisch gesehen ist die Antwort ein doppeltes Nein. Denn erstens gibt es Staatsausgaben, die über längere Zeit finanziert werden müssen und zweitens gibt es Sparer, die ihr Geld möglichst sicher anlegen möchten.
Der deutsche Finanzminister Schäuble wurde am Rande der Währungskonferenz in Washington gefragt, wann denn Deutschland seine Schulden zurückgezahlt haben werde: „Hoffentlich nie!“, lautete die Antwort. Zum letzten Mal sei das Land 1948 schuldenfrei gewesen, also nach Krieg und Diktatur (Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 14.10.13).
Für wirtschaftlich gesunde Länder ist es schon fast eine ökonomische Pflicht, Schulden zu machen und es damit Sparern und Anlegern zu ermöglichen, Gläubiger zu werden. In vielen Ländern, insbesondere auch der Schweiz, ist beispielsweise die Altersvorsorge darauf angewiesen, dass jemand die Gelder annimmt, sprich sich verschuldet.
Viele Pensionskassen beschränken in ihren Reglementen aufgrund der höheren Risiken die Möglichkeiten der Anlage in private Wertpapiere wie Bonds und Aktien. Ohne Bundesanleihen wären die Anlagerisiken zweifellos höher.
Freilich gibt es für den Staat auch Grenzen. Insbesondere begrenzt der Schuldendienst den frei verfügbaren Teil des Budgets. Anteile von rund 25% wie in Japan deuten auf eine Zeitbombe hin, weil dieser Anteil bei einem Zinsanstieg massiv steigen wird, was letztlich nur eine Frage der Zeit ist.
Dass Schulden auf spätere Generationen vererbt werden und diese belasten, ist ein oftmals genanntes Phänomen, aber per se kein Problem. Denn es werden nicht nur die Schulden vererbt, sondern auch die Guthaben. Abgesehen von der Einschränkung des Budgets kommt es deshalb darauf an, wofür die Schulden gemacht wurden und dass die künftigen Generationen von den früheren Ausgaben profitieren können, beispielsweise in Form von Infrastruktur, Gesundheit oder Bildung.
Zudem ist relevant, bei wem die Schulden gemacht werden. Eine Verschuldung im eigenen Land (wie in Japan) erscheint deutlich weniger heikel als eine hohe Auslandverschuldung (wie in Griechenland), denn im ersten Falle bleiben Schulden und Guthaben über Generationen hinweg gewissermassen in der Familie.
Aktuell beruht die schleppende wirtschaftliche Entwicklung zumindest teilweise auch darauf, dass viele Staaten nicht mehr Schuldner sein wollen, während private Investoren beim Schuldenmachen ebenfalls zurückhaltend sind.* Zusammen mit der Geldschwemme der Notenbanken beschert uns dies eine Situation mit tiefen Zinsen, in der die Immobilienbesitzer fast noch die einzigen sind, die sich freudig verschulden. Und dies führt bekanntlich zur Gefahr einer Immobilienblase.
*vgl. meinen Vortrag am ZHAW-Alumni Dinner (Juni 2013).