Kommentar zur Abstimmung über die Managed Care Vorlage
Das Volk und die Stände haben die Managed Care Vorlage heute wuchtig verworfen. Das allseits prognostizierte Scheitern ist eingetreten. Nachdem sich viele ehemalige Befürworter in den letzten Monaten abgewandt hatten, gab es keine schlagkräftige Pro-Lobby mehr. Was die Gesundheitspolitiker aller Parteien in 8 Jahren ausgearbeitet hatten, war ein Kompromiss, der bei den eigenen Parteimitgliedern nicht gut ankam. Der überparteiliche Konsens von Sommaruga, Bortoluzzi, Gutzwiller und Humbel zerbrach am Widerstand der Nicht-Gesundheitspolitiker und der geballten Vetomacht der Ärzteschaft.
Es zeigt sich einmal mehr, dass eine komplexe Vorlage nicht nur im Parlament ausgearbeitet, sondern anschliessend auch den Parteien und dem Volk schmackhaft gemacht werden muss. Kommunikativ war die Vorlage seitens der Befürworter ein Fiasko. Die Gegner fanden die richtigen Reizwörter (Abschaffung der freien Arztwahl, keine Macht den Kassen) sowie die nötigen Gelder, sodass der Abschuss leicht fiel.
Dies ist das absehbare Ergebnis, wenn eine Vorlage, welche komplex ist und auf einem breiten, aber schwach abgestütztem Konsens beruht, auf eine hoch motivierte Gegnerschaft mit simplen Parolen und grosser Kriegskasse trifft.
Nicht nur in der Gesundheitspolitik erscheint das Volk notorisch zwiespältig, doch hier besonders. Der medial befeuerte Aufschrei bei Prämienerhöhungen kontrastiert mit dem Verhalten an der Urne, wo die Komplementärmedizin in die Verfassung geschrieben, aber integrierte Versorgungsnetze abgelehnt werden. Weitere Gesundheitsreformen werden es deshalb schwer haben.
Von aussen betrachtet finde ich es nach wie vor erstaunlich, wie sehr die Bevölkerung anscheinend an der „freien Arztwahl” hängt – obwohl diese durch die Vorlage nicht abgeschafft würde und im Bereich der Spitalversorgung ohnehin nicht besteht.
Was als „natürliches Recht“ angesehen wird, ist Gewöhnungssache. Dass es bei uns keine freie Schulwahl gibt, scheint die meisten Schweizerinnen und Schweizer nicht ernstlich zu stören. In der Schule sind wir es gewohnt, dass der Staat bestimmt. Die Zürcher haben heute die Initiative für eine freie Schulwahl mit 80% Nein abgelehnt.
Zuletzt noch das Gute: der unglückliche Begriff „Managed Care“ wird verschwinden, die integrierten Netzwerke werden sich durchsetzen – die Bevölkerung braucht einfach noch Zeit, um die Vorteile zu erkennen.