3.04.2012

Konkurrenzlose Pensionskassen

Gegenwärtig wird wieder einmal über unsere Pensionskassen diskutiert. Diese verwalten über 600 Milliarden Franken an Geldern von aktuellen und zukünftigen Rentnern. Reformvorschläge zielen auf eine Senkung des Umwandlungssatzes sowie eine Erhöhung des Rentenalters. Diese Rezepte der Arbeitgeber sind ebenso hinlänglich bekannt, wie die reflexartig bezogenen Gegenpositionen der Gewerkschaften. Ein Aspekt der in dieser Diskussion allerdings fehlt, betrifft etwas anderes: den fehlenden Wettbewerb.

Gemäss den neuesten Zahlen der Pensionskassenstatistik (BfS, 2012) gibt es in der Schweiz rund 1‘800 private und 95 öffentliche Vorsorgeeinrichtungen nach BVG. Die Privaten haben durchschnittlich etwa 1‘600 Versicherte, während bei den Öffentlichen im Schnitt ca. 6‘500 Personen versichert sind. Jede dieser Einrichtungen verfügt über eine Reihe von Managern, Direktoren und Verwaltungsräten. Grössere Kassen haben meist 12 bis 20 VR-Mitglieder. Wenn jeder Verwaltungsrat nur 9 Mitglieder hat, gibt es in der Schweiz gut 17‘000 Pensionskassenverwaltungsräte, die ein Honorar kassieren.

Allein hieran zeigt sich schon, welchen ökonomischen Unsinn wir uns leisten. Das Angebot der Vorsorgeeinrichtungen ist kleinräumig, zersplittert und intransparent; die Effizienz ist deshalb fraglich. Die Verwaltungskosten schwanken gemäss Berechnungen zwischen 160 und 900 CHF pro Versicherten und Jahr erheblich. Besonders teuer ist eine PK welche 2‘600 Versicherte sowie 80 Rentner aufweist und für die Verwaltung 2.4 Millionen Franken pro Jahr verlangt.

Die Tatsache, dass eine derart grosse Zahl von Anbietern in einem Markt existiert, welcher aufgrund von Skalenerträgen (d.h. Grössenvorteilen) eigentlich ein Massengeschäft ist, weist darauf hin, dass der Wettbewerb ungenügend spielt.

Verantwortlich hierfür ist eine Verquickung aus steigenden Anforderungen und staatlichen Vorschriften einerseits sowie hohen Wechselkosten andererseits.

Strenge Vorschriften können zwar zum Schutz der Versicherten beitragen, führen aber vor allem bei vielen kleinen PKs zu steigenden administrativen Kosten. Der Wechsel zu einem günstigeren Anbieter –  wie er sonst in der Wirtschaft üblich ist – erweist sich im Vorsorgebereich als komplexes und aufwendiges Unterfangen. Viele Firmen schrecken deshalb lange vor einem Wechsel der PK zurück. Zudem können die Versicherten ihren Anbieter nicht frei wählen, sondern sind im Rahmen des Obligatoriums an die Vorsorgeeinrichtung des Arbeitgebers gebunden. All dies sind schlechte Voraussetzungen für Wettbewerb unter den Anbietern von Vorsorgeleistungen.

Eine verstärkte Konkurrenz würde zweifellos zu einer Reduktion der Anbieterzahl führen. Grössere PKs haben unter Wettbewerbsbedingungen geringere Verwaltungskosten pro Kopf und können aufgrund der höheren Mitgliederzahl die Risiken besser ausgleichen. Zudem können sie wegen des höheren Volumens am Markt zu besseren Bedingungen anlegen und deshalb bessere Renditen erzielen.

Doch wie kann Wettbewerb geschaffen werden?

Zunächst sind die administrativen Hürden für einen Wechsel der Vorsorgeeinrichtung zu senken und die Transparenz ist zu erhöhen. Teilweise beinhalten die PK-Reglemente leider goldene Fesseln, welche einen Wechsel nur mit hohen Kosten ermöglichen.

Zudem ist zu überlegen, wie der Markt gegenüber dem Ausland stärker geöffnet werden kann, etwa indem ausländische Anbieter in der Schweiz zum Zuge kommen oder vermehrt in internationale Aktiven investiert werden kann. Dabei gilt es zwischen Risiko, Rendite und volkswirtschaftlichen Effekten abzuwägen. So führt etwa die starke Fokussierung auf Schweizer Immobilien (Anlagen von 95 Mrd. CHF, 2010) zu einem vermehrten Druck auf die inländische Bautätigkeit.

Sodann müsste untersucht werden, ob eine persönliche Wahl der Pensionskasse – analog zur Krankenkasse oder zur Säule 3a – die Wettbewerbssituation verbessern würde.

Neben einer Diskussion um den Umwandlungssatz und das Pensionsalter brauchen wir also dringend auch eine Diskussion um die Frage des Wettbewerbs im Vorsorgemarkt.

PS: Aus Gründen der Anreizkompatibiliät schlage ich zudem vor:

Alle Beschäftigten und sämtliche Verwaltungsräte einer Pensionskasse müssen ihr gesamtes Altersguthaben von dieser Kasse verwalten lassen. — Es wäre interessant zu sehen, wie viele Damen und Herren im VR von Kleinkassen Freude an dieser Regelung hätten…

Kommentare

Die Verwaltungskosten eines PK Mandats schwanken extrem. Es herrscht eine extreme intransparenz. Ich konnte bei 10 Anbietern, wo wir als Kleinfirma Gespräche geführt hatten, Unterschiede in der Kostenstruktur feststellen, welche unglaublich waren. Dies muss dringend verbessert werden, denn erhöhte Kosten schmälern schlussendlich die Renditen der Versicherten.

Herr Slembeck noch eine Frage zur Pensionskassen Entwicklung:

Besteht bei den Kassen aus heutiger Sicht ein erhöhtes Risiko, dass wir versicherten in sagen wir 20 bis 30 Jahren grosse Verluste erleiden könnten? Zum einen durch Geldentwertung und zum anderen durch Markteinbrüche? Müssen wir um die Kassen bangen oder sind dies wieder mediale Schwarzmalereien?

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