Wie schafft es der Detailhandelsriese Coop seine eigene Kundschaft in Rage zu versetzen und in kürzester Zeit über 400 negative Online-Kommentare zu kassieren?
Gemäss Tagesanzeiger fordert Joos Sutter, Chef des Basler Grossverteilers, eine Senkung der Freigrenze, innerhalb der Waren zoll- und steuerfrei eingeführt werden dürfen. Noch in der Frühlingssession will der Basler FDP-Nationalrat Peter Malama einen Vorstoss zur Senkung der Freigrenze von 300 Fr. auf 100 Fr. pro Person und Tag einreichen.
Offenbar liegen bei der Coop-Spitze die Nerven blank. Anders ist es kaum zu erklären, dass sich der Konzern nicht mehr dem Wettbewerb stellen will. Statt härter mit den Lieferanten zu verhandeln, unnachgiebige Hersteller konsequent auszulisten (wie es Migros etwa mit L’Oréal tat) und die tieferen Preise an die Konsumenten weiter zu geben, ruft Coop verzweifelt nach dem Staat. Das ist eine Kurzschlusshandlung der Chefetage.
Seit vielen Jahren beobachte ich, wie Firmenchefs in Sonntagsreden die Marktwirtschaft und den Wettbewerb loben – um dann am Montag alles zu tun, um ihn zu beseitigen. In der Landwirtschaft und im Tourismus ist dies gang und gäbe. Doch es scheint mir das erste mal, dass ein Grossverteiler in dieser Offenheit vor dem Wettbewerb in die Arme des Staats zu fliehen versucht. — Dabei haben die Konsumenten nur das getan, was ich bereits im Mai 2o11 in diesem Blog empfohlen hatte. Sie haben mit den Füssen bzw. dem Auto abgestimmt und so den Wettbewerbsdruck erhöht.
Dem Coop-Chef scheint dabei nicht bewusst zu sein, dass er mit dieser verqueren Idee den Gegnern freier Märkte in die Hände spielt. Denn es ist klar, dass die staatsinterventionistischen Kräfte und jene, die den „Kapitalismus abschaffen“ wollen, jetzt ein schönes Beispiel dafür haben, wie heuchlerisch manche Manager vorgehen können, wenn es um die eigenen Marktanteile geht. Das ist die perfekte Munition, wenn es beim nächsten mal um die Frage staatlicher Interventionen in den Markt geht.
Auch auf den Basler FDP-Mann Peter Malama wirft die Sache kein gutes Licht. Schon früher ist er durch wenig liberale Vorstösse aufgefallen.
Im April 2011 verlangte er die Schaffung einer obligatorischen Versicherung zur Deckung von Erdbebenschäden in der Schweiz und im September wollte er in einer Motion, dass künftig auch Hotelleriebetriebe in Städten durch die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit mit vergünstigten Darlehen unterstützt werden können. Mehr Staat, weniger Markt.
Aufgrund der heftigen Reaktionen wird Malama seinen Vorstoss wohl nicht einreichen. Dieser wäre auch etwas gar inkonsequent. Denn im letzten Herbst hatte sich der selbe Malama für eine Erhöhung der Zollfreikontingente und der Zollkontingente für Lebensmittel eingesetzt. Dies hätte der inländischen Gastronomie und Hotellerie erlauben sollen, günstiger im Ausland einzukaufen. Das ist ironischer weise genau das, was der anvisierte Vorstoss den Konsumenten im Auftrag von Coop jetzt verbieten soll.
Schade ist in diesem Zusammenhang, dass wir in der Schweiz nicht wissen, mit welchen Spendengeldern unsere Parlamentarier ihren Wahlkampf finanzieren. Coop und Malama sind zufällig beide in Basel beheimatet. [Immerhin ist bekannt, dass Malama Vizepräsident des Verbands Basler Detailhandel ist. Drei der sechs Vorstandsmitglieder stammen von Coop, Migros und Manor. Auch diese würden von höheren Schranken für private Importe profitieren.]