Eine Umfrage der deutschen Biertrinkerpartei hat ergeben, dass sich 87,3% der männlichen Bevölkerung tiefere Preise für Gerstensaft wünscht. Die Partei hat prompt reagiert und verlangt in einer Initiative „Mehr Freibier für alle.”
Laut einer Umfrage des Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse wünschen sich drei Viertel der Bevölkerung und fast 90 % der Erwerbstätigen mehr Ferien. Nur gerade 14 % sind mit dem Status Quo zufrieden. Der Verband lanciert deshalb die Initiative “Mehr Ferien für alle“.
Leider ist nur eine der beiden Initiativen frei erfunden. Die andere Bier-Idee entstand tatsächlich am Hopfenweg 21 in Bern, dem Hauptquartier von Travail Suisse, und verlangt die verfassungsmässige Verankerung von mindestens 6 Ferienwochen pro Jahr für alle Arbeitnehmenden, statt bislang 4 Wochen. Die Stimmbürger dürfen sich dazu am 11. März 12 an der Urne äussern. Falls die Umfragewerte des Institut Demoscope stimmen, wird die Vorlage mit 57% JA-Stimmen angenommen (Quelle).
Einmal abgesehen davon, dass das Timing aufgrund der aktuell schlechten Konjunkturaussichten alles andere als optimal ist, verdient der gewerkschaftliche Vorstoss das Label „Populismus in Reinkultur“.
Eingriff in den Arbeitsmarkt
Denn es handelt sich um einen Eingriff in die Autonomie der Tarifpartner am Arbeitsmarkt. Es war bislang stets ein grosser Vorteil der Schweiz, über flexible Arbeitsmärkte zu verfügen und die Arbeitsverträge (inkl. Arbeitszeiten, Ferien und Löhne) durch die Arbeitnehmer und –geber bzw. deren Vertreter im Rahmen relativ weit gefasster Eckwerte aushandeln zu lassen. Dass wir eine im internationalen Vergleich sehr tiefe Arbeitslosigkeit haben, vor allem auch bei Jugendlichen, ist kein Zufall, sondern das Ergebnis flexibler Lösungen auf Branchenebene. Diesen Vorteil dürfen wir nicht leichtfertig verspielen, indem wir die Spielräume branchenübergreifend verengen.
Es scheint aus Sicht der Rolle der Gewerkschaften verständlich dass sie versuchen, die zweifellos bestehenden Produktivitätsgewinne zugunsten ihrer Klientel umzuverteilen. Es ist der uralte Kampf der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital um die durch Wachstum geschaffenen zusätzlichen Einkommen, welche entweder in höhere Löhne und/oder mehr Freizeit oder aber in höhere Zinsen und Dividenden fliessen können. Wenn die Ferien ohne anderweitige Kompensation durch ein staatliches Dekret erhöht werden, ist dies nichts anderes als eine verdeckte, politisch verordnete Lohnerhöhung.
Zielkonflikte und Paternalismus
Hierbei sind mehrere Zielkonflikte zu beachten. Einerseits wird der Faktor Arbeit im Inland verteuert, wodurch ein Anreiz zur Substitution durch Kapital oder ausländische Arbeit entsteht. Beides ist letztlich nicht im Interesse der Arbeitnehmenden in der Schweiz. Für viele Klein- und Mittelunternehmen (KMU) bedeuten zwei zusätzliche Wochen Ferien pro Jahr eine erhebliche finanzielle Belastung und die Gefahr von Entlassungen, zumal in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, steigt klar an. Dem Zielkonflikt zwischen Löhnen und Beschäftigung können die Gewerkschaften nicht entrinnen.
Andererseits verordnet die Initiative den Arbeitnehmenden mehr Freizeit statt mehr Lohn. Es ist unverständlich, warum die Abwägung zwischen diesen beiden Grössen nicht den Individuen überlassen wird. Der Slogan „mehr Ferien für alle“ verschleiert diesen Zielkonflikt. Korrekterweise müsste in der genannten Umfrage ermittelt werden, ob jemand lieber mehr Freizeit bzw. Ferien oder mehr Lohn haben möchte. Die Antwort würde zweifellos differenziert ausfallen und von den Präferenzen und Lebensumständen abhängen.
Selbst wenn es sinnvoll und kostenlos möglich wäre, dem Faktor Arbeit zusätzliche Anteile am Produktivitätswachstum zukommen zu lassen, kann hierdurch der resultierende Nutzen für die Arbeitnehmenden nur maximiert werden, falls diese frei zwischen mehr Lohn oder mehr Freizeit wählen können. Die Gewerkschaften nehmen hier einen stark paternalistischen Standpunkt ein, indem sie der arbeitenden Bevölkerung mehr Freizeit vorschreiben wollen.
Volkswirtschaftliche Kosten
Dies passt immerhin ins eingeschlagene Argumentationsmuster von Travail Suisse. Die volkswirtschaftlichen Kosten werden mit etwa 7 Milliarden Franken angegeben. Nicht berücksichtigt sind dabei allerdings die Kosten, welche sich durch strukturelle Effekte – wie etwa Arbeitsplatzverluste wegen Substitution durch Maschinen oder Verlagerung ins Ausland – ergeben. Dafür werden die Kosten der Initiative von Gewerkschaften, SP und Grünen mit den Kosten, welche sich durch hohe Belastung am Arbeitsplatz ergeben verglichen. Letztere Betragen angeblich 10 Milliarden, sodass der Initiative ein Netto-Spareffekt unterstellt wird.
Zwar ist ein Zusammenhang zwischen der Belastung am Arbeitsplatz und gesundheitlichen Problemen (u.a. burnout) nicht von der Hand zu weisen. Verschiedene Studien belegen die negativen Einflüsse von Stress und untersuchen dessen Kosten (vgl. Stress beim Seco). Dennoch bleiben auch nach Konsultation des “Grundlagenpapiers” die 10 Milliarden Stresskosten ebenso schleierhaft, wie der vermutete Zusammenhang zwischen diesen Kosten und dem Ansinnen der Initiative. Auf eine seriöse Untersuchung dieses Zusammenhangs wurde leider verzichtet.
Obwohl dies parteipolitisch ein Faux-Pas wäre, sollten sich die Initianten vielleicht besser auf unseren Ex-Gesundheitsminister Couchepin berufen, der schon vor Jahren befand, dass „Ferien auch gut für die Gesundheit“ sind. Und in der Demoscope-Umfrage von Travail Suisse fanden 77% der Befragten, dass Ferien eher oder sehr zu ihrer Gesundheit beitragen. Dann müssten die Extra-Ferien allerdings von der Grundversicherung übernommen werden, womit die Initiative endgültig als Bier-Idee entlarvt wird.
Na dann Prost!