6.09.2011

SNB zieht doch die Notbremse

Was ich vor gut einem Monat in diesem Blog erstmals breit diskutiert habe und zwischenzeitlich immer mehr Befürworter fand, ist heute Realität geworden. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat soeben eine Untergrenze von 1.20 CHF für den Euro festgelegt. — Wie zu erwarten, ist der Kurs am Markt unverzüglich auf diesen Wert gesprungen. Was aussieht wie Magie, ist eigentlich nur ökonomische Logik.

Was lange währt, wird endlich gut. — Der vielfache Druck auf die SNB während des letzten Monats, welcher seitens der Wirtschaft, der Politik und der Ökonomen ausgeübt wurde, hat gewirkt. Endlich hat die SNB eine Kursuntergrenze für den Euro kommuniziert; vgl. Medienmitteilung unten. Der Text der Mitteilung ist gewohnt knapp und schnörkellos. Die Botschaft, dass die SNB die Untergrenze mit aller Konsequenz durchsetzen und notfalls unbeschräkt Devisen kaufen wird, ist unmissverständlich.

Die Signalisierung der Entschlossenheit ist essentiell, um das Ziel kostengünstig zu erreichen. Wenn die Marktteilnehmer von der Durchsetzung der Untergrenze überzeugt sind, muss die SNB nämlich gar nicht intervenieren, d.h. keine Devisen kaufen. Die von manchen Kommentatoren gefüchteten “Interventionskosten” sind dann parktisch null. Es kommt auf die Glaubwürdigkeit der Nationalbank an; vgl. dazu Blogeintrag.

Der unmittelbare Sprung des Eurokurses auf die Untergrenze von 1.20 CHF belegt, dass es um die Glaubwürdigkeit der SNB besser bestellt ist, als ich befürchtet habe. Dennoch ist nicht auszuschliessen, dass einige Marktteilnehmer die SNB testen wollen und weiterhin Franken kaufen. Wenn sie dies tun, wird es sie allerdings Geld kosten.

Der (kurzfristige) Erfolg des Politikwechsels der SNB beruht zum Teil darauf, dass die anvisierte Untergrenze mit 1.20 CHF relativ nahe am letzten Wechselkurs von ca. 1.10 CHF liegt. Es ist klar, dass es auch der SNB bewusst ist, dass 1.20 CHF kein langfristig nachhaltiger Kurs sein kann.

Aus Sicht der Schweizer (Export)Wirtschaft ist nämlich eher ein Kurs zwischen 1.35 CHF und 1.45 CHF zum Euro langfristig verträglich. Deshalb scheint absehbar, dass die SNB eine weitere Anhebung der Untergrenze plant, falls sich der Franken nicht weiter abschwächt.

Wenn man von vollständig rationalen Marktteilnehmern ausgehen könnte, hätte die SNB direkt eine Untergrenze von z.B. 1.40 CHF festlegen können, ohne unnötige Kosten zu verursachen. Weil diese Voraussetzung aber wohl nicht gegeben ist, war es vermutlich klug, den Weg eines sanften Einstiegs zu gehen und die Reaktionen der Marktteilnehmer vorerst einmal zu testen.

PS: Dass die SNB heute mit einer Untergrenze von 1.20 CHF exakt jenen Wert gewählt hat, den ich bereits am 2. August als Beispiel wählte, ist natürlich reiner Zufall. Dass die Idee eines Politikwechsels der SNB zuerst in diesem Blog zu lesen war, allerdings nicht…*

Medienmitteilung der SNB vom 6.9.11

Nationalbank legt Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro fest
Die gegenwärtig massive Überbewertung des Schweizer Frankens stellt eine akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft dar und birgt das Risiko einer deflationären Entwicklung.

Die Schweizerische Nationalbank strebt daher eine deutliche und dauerhafte Abschwächung des Frankens an. Sie toleriert am Devisenmarkt ab sofort keinen Euro-Franken-Kurs unter dem Mindestkurs von 1.20. Die Nationalbank wird den Mindestkurs mit aller Konsequenz durchsetzen und ist bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen.

Der Franken ist auch bei 1.20 pro Euro hoch bewertet und sollte sich über die Zeit weiter abschwächen. Falls die Wirtschaftsaussichten und die deflationären Risiken es erfordern, wird die Nationalbank weitere Massnahmen ergreifen.

*Gerhard Schwarz, Chef von Avenir Suisse, hat mich am 11.9.11 darauf aufmerksam gemacht, dass im Februar 11 in einem Arbeitspapier auf die Möglichkeit einer Untergrenze für den Euro hingewiesen wurde: «Wenn Unternehmen beginnen, allein wegen der Wechselkurse Produktionsstätten zu schliessen, die Produktion ins Ausland zu verlagern und die Schweiz nicht mehr als Sitz ihres Unternehmens zu wählen, müsste als Ultima Ratio das vorübergehende Festlegen einer Untergrenze für den Wechselkurs des Euro in Franken ins Auge gefasst werden.» Quelle.

Kommentare

Kompliment du liegst richtig und bist am Ball.

Weitere Wirkungen der SNB-Intervention

a) Die Börse freute sich…

…sodass der SMI einen Luftsprung machte. Offenbar wird der tiefere Frankenkurs positiv beurteilt, weil der Flurschaden der Schweizer Wirtschaft geringer ist.

b) Auch der Dollar, der Yen und alle anderen Währungen passten sich in kürzester Zeit an.


Dies zeigt wie vernetzt und effizient die Devisenbörsen sind. Wäre beispielsweise der Dollar weiterhin tief geblieben (und nicht von 0.78 CHF auf 0.86 CHF gestiegen), hätte man durch Arbitrage schöne Gewinne machen können. Weil aber laufend Arbitragegeschäfte stattfanden (v.a. im Rahmen des automatisierten Handels), haben sich die Preise der Währungen simultan angepasst.

c) Die Anpassungszeit war insgesamt sehr kurz. Es hat bei allen Währungen weniger als 1 Stunde gebraucht, um zum neuen Gleichgewicht zu finden. Sind die Marktteilnehmer etwa doch rational und glauben der Nationalbank?

VIELE FALSCHE EXPERTENMEINUNGEN
Die Reaktion auf die heutige SNB-Intervention war durchwegs positiv, auch bei den politischen Parteien. Allerdings haben mich die Meinungen von so genannten Experten, v.a. der Bankenökonomen, im TV enttäuscht. Deshalb hier der Versuch einer Korrektur der wichtigsten Fehler.

a) Ist unsere Nationalbank einfach zu klein, um sich gegen die geballte Macht der weltweiten Devisenmärkte zu stellen?
Nein. Die SNB ist im Bezug auf den Schweizerfranken “unendlich gross”. So lange die Marktteilnehmer davon überzeugt sind, dass sie die Untergrenze konsequent einhalten wird, werden sie nicht gegen die SNB spekulieren, weil sie damit garantiert Geld verlieren. Erst falls die SNB ihre Glaubwürdigkeit verliert, könnten Spekulanten versucht sein, dagegen zu halten. Aufgrund der heutigen Kursentwicklung schätze ich die Glaubwürdigkeit der SNB aber hoch ein.

b) Geht die SNB nicht ein enormes Risiko ein?
Nein. Das Risiko ist bei einer Untergrenze von 1.20 momentan eher gering. Das grösste Risiko besteht darin, dass die Glaubwürdigkeit der SNB schwinden würde. Erst dann müsste sie massiv intervenieren (vgl. a).

c) Ist die Intervention nicht mit hohen Kosten verbunden? Droht eine massive Inflation?
Nein. Erstens hatte die SNB heute gar keine Kosten (abgesehen vom 10minütigen Auftritt ihres Präsidenten). Der Kurs hat sich durch die Ankündigung sogleich angepasst. Wer Franken besass, hat diese nämlich verkauft — möglichst noch bevor 1.20 erreicht wurde. Weil die Geldmenge nicht oder allenfalls gering erhöht wurde, entsteht zweitens auch keine Inflation.
Eigentlich hat die SNB heute massiv Geld verdient. Weil der Euro um gut 8% gestiegen ist, ergibt sich auf den Euro-Beständen der SNB für den heutigen Tag ein Buchgewinn von ca. 8 Mrd. CHF! Im Bankbereich handelt es sich dabei streng genommen um ein Insidergeschäft, das ansonsten verboten ist. Seitens der SNB war dies aber unvermeidlich…

Ob künftig Kosten entstehen, hängt wie gesagt von der Glaubwürdigkeit ab. Es könnte Marktteilnehmer geben, welche die SNB testen wollen. Wenn die SNB sogleich dagegen hält und Devisen kauft, bleiben die Kosten gering und es entsteht keine Inflation. Im Gegenteil könnte es aufgrund der aktuellen Deflationstendenzen sogar notwendig sein, die Geldmenge ohnehin zu erhöhen. Die Inflationsprognose der SNB vom September wird darüber Auskunft geben.**

d) Verstärkt sich durch den Politikwechsel der SNB nicht die Abhängigkeit vom Euro?

Bezüglich Wirtschaft: nein. Es ist ja gerade das Ziel der Intervention die Schweizer Wirtschaft gegen die schädlichen Wirkungen des tiefen Euro zu immunisieren.
Bezüglich Nationalbank: jein. Die SNB ist insofern in ihrem Handeln asymmetrisch eingeschränkt, als sie eine allfällige Inflation nicht mehr durch eine restriktive Geldpolitik bekämpfen könnte. Weil aktuell aber eher eine Deflationstendenz besteht (jedenfalls gemäss SNB, vgl. c), sind der SNB die Hände diesbezüglich nicht gebunden, da sie ja Schweizerfranken herausgeben kann (was zugleich die Deflation bekämpft und den Franken schwächt).

Die befragten Experten haben leider alle Fragen mit ja beantwortet.

Nachtrag 1: Hier noch die Meinung eines Experten, der ebenfalls nicht auf Panik macht…
Peter Bernholz im Tagesanzeiger.

**Nachtrag 2: Am 15. September 11 hat die SNB ihre 3-Jahres-Prognose veröffentlicht und bezüglich Inflation tatsächlich Entwarnung gegeben. Sie sieht im Gegenteil eher eine Deflationstendenz:

Auf absehbare Zeit gibt es in der Schweiz keine Inflationsrisiken. Hingegen bestehen Abwärtsrisiken für die Preisstabilität, falls sich der Franken nicht weiter abschwächen sollte.

Dabei ist zu beachten, dass die Prognose für eine unveränderte Geldpolitik gilt, d.h. für einen 3M-Libor von 0% sowie der Euro-Untergrenze von 1.20 CHF. Falls die SNB massiv intervenieren müsste, um die Grenze durchzusetzen, könnte sich die Prognose durchaus nach oben verschieben.

Besten Dank für die sachlichen und fundierten Erläuterungen. Das gefällt mir. Das viele andere Experten auf die emotionale Taktik “Furcht” setzen irritiert leider sehr.

Nur um nicht missverstanden zu werden. Es gibt (mindestens) zwei Ereignisse, die der SNB einen Strich durch die Rechnung machen könnten:

1) Zusammenbruch des Euro. Die Untergrenze wäre dann natürlich obsolet, aber es ist unklar, was dann mit den Euro-Reserven der SNB geschehen würde. Letztlich kommt es darauf an, was dann die Nachfolgewährung wäre und wie die Übergangsregelung aussieht.

2) Eine Massenpanik. Diese könnte durch Staatsbankrotte oder Börsencrashs ausgelöst werden und dazu führen, dass plötzlich riesige Mengen an CHF nachgefragt werden. Es ist unklar, ob die SNB ihre Politik dann noch durchhalten könnte.

Beide Ereignisse liegen nicht im Einflussbereich der Schweiz und ihre Wahrscheinlichkeit ist sehr schwer einzuschätzen. Nach aktuellem Kenntnisstand, hat die SNB das (wahrscheinlich) kleinere Übel gewählt. Aber es ist klar, dass die Untergrenze auch kein Allheilmittel ist.
Doch selbst im Falle einer Massenpanik, könnte die Untergrenze die weniger schädliche Politik darstellen. Man stelle sich vor, dass der Euro in Abwesenheit einer Untergrenze auf 50 Rappen sinkt. Dann hätten wir ohnehin ein imenses Problem…

Was könnte der SNB noch einen Strich durch die Rechnung machen?
Eine Variante von 2 (Massenpanik) wäre ein koordinierter Angriff, eine Art “Flash-Mob”.

Der heutige Tagesanzeiger kündigt an: “Investmentprofis kündigen Wetten gegen die Nationalbank an, bald könnte deren Standfestigkeit aufs Äusserste getestet werden. Dann ist auch der politische Rückhalt für die Kursuntergrenze in Gefahr. ”

Wie könnte sich die SNB dagegen schützen?

Sie könnte z.B. ankündigen, dass sie die Kursuntergrenze weiter anheben könnte. In ihrer Medienmitteilung hat sie dies ganz vorsichtig offen gelassen.

Was mich ein wenig wundert: warum hat die SNB ihre Kursuntergrenze per sofort ausgesprochen?

Alternativ hätte man auch ankündigen können, dass man ab November keinen Euro-Kurs unter 1,40 Franken dulden wird. Vermutlich hätten sich die Märkte dann selbst an diese Erwartung angepasst, und es hätte keine Möglichkeit gegeben, die SNB mit irgendwelchen Transaktionen herauszufordern oder zu Euro-Käufen zu nötigen. Das Risiko für jeden, der Franken teurer kauft, wäre sehr hoch.

Im Augenblick ist die Spekulation gegen die SNB nicht allzu riskant. Das sollte die SNB ändern.

@Horst Bienert, 22:31: Die SNB kann sich dagegen nur durch ihre Reputation schützen. Aber dieser Schutz ist nicht perfekt.

Vielleicht wäre eine erste Attacke sogar in einem gewissen Sinne hilfreich. Die SNB müsste bei der Attacke völlig standhaft bleiben und die Untergrenze durchsetzen. Wenn sie das schafft, kann sie ihre Reputation stärken, sodass weitere gezielte Attacken weniger wahrscheinlich werden. Durch den Tatbeweis würde bei den Marktteilnehmern ein Lernprozess ausgelöst. Man wüsste dann, dass es die SNB wirklich ernst meint. Gegen eine irrationale Massenpanik schützt dies allerdings kaum.

@Horst Bienert, 22:40: Die Idee ist reizvoll, aber ohne Tatbeweis oder dessen sofortige Ankündigung (“wir sind ab sofort bereit Devisen zu kaufen”), sind die Marktteilnehmer schwer zu überzeugen. Nur die Ankündigung, dass in 2 Monaten eine Untergrenze eingeführt werde, führt nach meiner Einschätzung kaum zu nennenswerten Reaktionen im Markt.

Interessant ist, was aus Sicht eines Händlers zum Zeitpunkt der Ankündigung der Untergrenze geschah. NZZ am Sonntag vom 11.9.11 mit Hervorhebungen von mir…

Das passiert einem Händler nur einmal

Wie Devisenmarkt-Profi Giuseppe Manieri die Intervention der Nationalbank am Dienstag erlebt hat

Der Finanzmarkt wurde am Dienstag von der Nationalbank (SNB) überrumpelt. Erstmals seit 1978 fixierten die Währungshüter ein Wechselkursziel. Um einen Mindestkurs von Fr. 1.20 zum Euro zu halten, ist die SNB bereit, uneingeschränkt Devisen zu erwerben. Nach der Ankündigung rückte der Euro-Kurs am Dienstagmorgen innerhalb von gut 15 Minuten von Fr. 1.10 auf Fr. 1.21 vor. Ein Hedge-Funds-Manager schildert, was in dieser Ausnahmesituation im Devisenhandel vor sich ging:

Was am Dienstag passiert ist, das erlebt ein Händler ein-, höchstens zweimal im Leben. Natürlich gab es Anzeichen, dass die Nationalbank intervenieren könnte. Aber der Zeitpunkt war überraschend. Da wurden viele Marktteilnehmer auf dem falschen Fuss erwischt, gerade angelsächsische Anleger, die Geld im Franken parkiert hatten.

Als die Nachrichtenagenturen meldeten, die Nationalbank binde den Franken mit einer Untergrenze an den Euro, wurden plötzlich kaum mehr Kurse gestellt. Das habe ich in zwanzig Jahren im Devisenhandel noch nie erlebt: Viele Banken schalteten ihre elektronischen Handelsplattformen aus. Ob das bewusst oder unabsichtlich geschah . . .? Jedenfalls: Wer handeln wollte, musste die Devisenhändler der Banken anrufen. Manche Institute gingen aber gar nicht mehr ans Telefon. Zwischen Kursen von Fr. 1.12 bis 1.185 wurden praktisch keine Preise gestellt, das ging für mehrere Minuten so. Erst über der Marke von Fr. 1.20 gab es wieder die gewohnte Liquidität.

Dramatisch war das besonders für Anleger, die auf einen weiteren Anstieg des Frankens gesetzt hatten. Die versuchten verzweifelt, sich mit Euro einzudecken. Einige angelsächsische Hedge-Funds haben enorme Verluste angehäuft, hört man im Markt. Unsere Fonds wetten dagegen seit einigen Wochen auf einen schwächeren Franken, wir machten am Dienstag einen grösseren Gewinn.

Die fehlende Liquidität wirkte traumatisierend, es gibt nichts Schlimmeres! Das Wechselkursziel der Nationalbank könnte jetzt viele institutionelle Anleger veranlassen, den Franken nicht mehr als sicheren Hafen zu betrachten. Devisen sind das grösste und liquideste Feld des Finanzmarkts, sie werden rund um die Uhr gehandelt, 60 bis 70 Mrd. Fr. werden jeden Tag von Euro in Franken und umgekehrt gewechselt. Der grösste Teil dieser Transaktionen ist dabei an den Warenhandel gebunden. Die jetzt in der Kritik stehenden spekulativen Trades machen weniger als ein Fünftel aus.

Wie es in nächster Zeit weitergeht, ist schwer zu sagen. Die Kursschwankungen haben in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Nicht zuletzt, weil auch Staaten seit der Finanz- und Fiskalkrise intensiv am Devisenmarkt auftreten, um ihren Wechselkurs zu steuern. Eine gestiegene Volatilität bedeutet aber nicht automatisch auch hohe Handelsvolumen. Am Dienstag waren die Volumen mangels Liquidität sehr gering. Es ist daher gut möglich, dass die Nationalbank gar nicht für grosse Summen Euro kaufen musste, um den Kurs auf Fr. 1.20 zu hieven.

An der Grundstimmung hat sich durch die Intervention nichts geändert: Die Unsicherheit an den Finanzmärkten bleibt riesig, viele Institutionelle scheuen sich, ihr Geld auf längere Sicht anzulegen. Die Zinsen sind weltweit tief, deshalb bleiben die Investoren lieber im Bargeld und versuchen, Kursschwankungen der Währungen auszunutzen, um wenigstens auf eine kleine Rendite zu kommen. Ob die Nationalbank das Wechselkursziel behaupten kann, hängt stark von der Euro-Krise ab. Sollte sich die verschärfen, könnte es sehr, sehr teuer werden, die Marke von Fr. 1.20 zum Euro zu verteidigen.»
Aufgezeichnet von Franziska Pfister

Giuseppe Manieri ist Gründer von Premium Currency Advisors. Die Zürcher verwalten mehrere Währungsfonds und im Auftrag institutioneller Anleger ein Vermögen von mehr als 800 Mio. Fr.

Guten Tag Herr Slembeck
Mit grossem Interesse verfolge ich jeweils Ihre Blog-Einträge und es ist äusserst interessant, aktuelle Themen nicht nur anhand von Zeitungsberichten, sondern auch mit Ihren Ansichten (und den Blog-Teilnehmern) vergleichen zu können.

Gerade lese ich ein Buch in welchem folgende Investment Philosophie von Jim Rogers geschrieben steht:

„In all my years in investing, there’s one rule I’ve prized beyond every other: Always bet against central banks and with the real world. In the seventies, the central banks were defending the United States’ artificially low price of gold. Central banks and governments always try to maintain artificial levels, high or low, whether of a currency, a metal, wool, whatever. When a central bank is defending something – whether it’s gold at thirty-five dollars or the lira at eight hundred to the dollar – the smart investor always goes the other way. It may take a while, but I promise you you’ll come out ahead. It’s a golden rule of investing“.

Mit der jetzigen Situation im Euroraum und der Ankündigung der SNB die Kursuntergrenze noch weiter anzuheben sehe ich das wie eine Einladung an die Investoren gegen die SNB zu wetten…

@B. Baumgartner: Wenn “international erfolgreiche Investoren”, wie Rogers, ihre Tipps geben, bin ich natürlich erst mal misstrauisch. Und selbst wenn er mit seiner “golden rule” gelegentlich Recht haben sollte, ist die Regel höchstens Bronze, denn es gibt dazu massgebliche Ausnahmen. Die wichtigste betrifft China, das seit vielen Jahren den Wechselkurs zum Dollar erfolgreich steuert; vgl. Kommentare zu diesem Blogeintrag.

Zudem hat die SNB lediglich eine Untergrenze definiert, keinen fixen Wert zum Euro. Gegen die SNB kann man übrigens nicht wetten. Wer wäre dann die Gegenpartei? Die SNB? Würde sie auf ihr eigenes Verhalten wetten? Aber man könnte natürlich versucht sein, die SNB zu testen. Allerdings müsste man in der Lage sein, mehrere 100 Mrd. Euro zu bewegen. Dies hat bisher noch keiner geschafft.

Im Gegenteil ist die Lage bislang bemerkenswert ruhig. Die reine Vermutung, dass die Grenze auf 1.25 CHF angehoben werden könnte, hat sogar bereits zu einer Überschreitung der Untergrenze geführt; vgl. Chart.

[...] Damit hat sich bewahrheitet, was ich schon früher vermutet habe (vgl. die Kommentare hier und hier): Bei einigermassen rationalen Marktteilnehmern sind die Interventionskosten vergleichsweise [...]

[...] Tat hat die SNB ihren Kurs ein Jahr lang erfolgreich durchgezogen. Zentral war dabei die bereits früher betonte Entschlossenheit der Umsetzung und Glaubwürdigkeit unserer Zentralbank. Selbst der heikle [...]

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