Australien ist ein glückliches Land – makroökonomisch gesehen jedenfalls. Die Arbeitslosenrate beträgt 5%, die Inflation 2.7% und die Wirtschaft wuchs im letzten Jahr mit 2.8%. Also alles im moderaten, grünen Bereich.
Am Wochenende berichteten die Medien aber über massive Probleme bei der Beschaffung neuer Arbeitskräfte im Bergbau. Dort sollen in den nächsten Jahren 250‘000 neue Jobs geschaffen werden. Qualifizierte Mitarbeiter fehlen allerdings weitgehend. – Solche Probleme kennen wir in der Schweiz sonst nur aus dem Gesundheitswesen und der Informationstechnologie.
Hintergrund ist die Entwicklung der weltweiten Rohstoffpreise. Der Wirtschaftsboom, v.a. in Indien und China hat zu einem Rohstoffboom geführt; vgl. NZZ. Aufgrund der kurzfristig unelastischen Angebotsstrukturen bei den meisten Rohstoffen, entwickelte sich die Nachfrage schneller als das Angebot, was beispielsweise beim Stahl zu einem enormen Preisanstieg führte. Geradezu schulbuchmässig zieht nun die Angebotsseite nach, indem Förderkapazitäten aufgebaut und Investitionen getätigt werden.
Die Knappheit an geschulten (Minen)Arbeitern ist dabei die logische Konsequenz. Sie führt wiederum am Arbeitsmarkt zu steigenden Löhnen. Und da staunt man nun doch etwas. Das australische Pendent zur NZZ am Sonntag – The Weekend Australian – nennt folgende Durchschnittslöhne (umgerechnet von AUS$): Mine Manager: 230‘000 CHF, Maintenance Manager: 210‘000 CHF, Principal Metallurgist: 180‘000 CHF, Environmental Superintendent: 160‘000 CHF.
Aufgrund erster Beobachtungen scheint mir die inländische Kaufkraft des australischen Dollars (welcher zum CHF etwa 1:1 steht) recht ähnlich wie in der Schweiz, jedenfalls in Sydney. Das heisst, die Dinge kosten hier nominell etwa ähnlich viel, z.B. Lebensmittel und Liegenschaften. Somit wären die genannten Löhne ausserordentlich lukrativ – deshalb wird wohl auch in der Zeitung darüber berichtet. In der Schweiz wird um Löhne ja ein sehr viel grösseres Geheimnis gemacht…
Die längerfristigen Aussichten sind allerdings etwas unklar. Es könnte sich bereits Blasen im Rohstoffmarkt bzw. einzelnen Teilmärkten entwickelt haben. Jedenfalls meinte Tom Albanese – der CEO von Rio Tinto, einem grossen britisch-australischen Rohstoffkonzern – heute im Australian, dass der Anstieg des Angebots an Eisenerz die Preise wieder herunterbringen wird. Der Mann ist garantiert ein Ökonom.
Gemäss www.riotinto.com hat Tom Albanese tatsächlich einen BS in Mineral Economics und einen MS in Mining Engineering. Gemäss Forbes verdient er mindestens 12 Mio. $ im Jahr (was kein Wunder ist, da er sich mit Angebot und Nachfrage auskennt…)